Nova Reperta
[Antwerpen], [ca. 1590]; von Jan van der Straet (1523–1605).
In der Detailfülle seiner Stiche ein schön zu betrachtendes, gleichzeitig als Quelle der Kultur- und Technikgeschichte besonders wertvolles Werk.
Der Kupfertitel weist auf die Fülle der in Stradanus‘ Werk vorgestellten Entdeckungen und Erfindungen hin: Eine Druckerpresse mit dem zum Trocknen aufgehängten Papier und darunter eine mechanische Uhr, eine Kanone mit Schießpulver und ein Destillierapparat. Den technischen und wissenschaftlichen Wandel symbolisieren die links ins Bild tretende junge Frau und der rechts das Bild verlassende alte Mann. Bild: Deutsches Museum | Public Domain
Jan van der Straet (1523–1605), besser bekannt unter seinem latinisierten Namen Johannes Stradanus, war ein im flandrischen Brügge geborener Maler und Zeichner. Seit 1550 lebte er vorwiegend in Italien, wo er vor allem für den Hof der Medici in Florenz zahlreiche Gemälde schuf.
Stradanus fertigte in den 1570er- und 1580er-Jahren 20, Entdeckungen und Erfindungen des Mittelalters und der Renaissance darstellende Zeichnungen. Der Amsterdamer Zeichner, Stecher und Kupferstichverleger Philip Galle (1537–1612) ließ diese Zeichnungen von seinem Sohn Theodor und einem weiteren Künstler, Jan Collaert (ca.1561–ca. 1620), in Kupfer stechen. Unter dem Titel „Nova Reperta“, zu Deutsch „neue Erfindungen“, wurden diese Stiche um 1590 als Bilderfolge publiziert. 1638 folgte eine weitere Ausgabe der „Nova Reperta“ durch den Enkel Johannes Galle.
Die eiserne Uhr: Räderuhren mit Gewichtsantrieb sind seit etwa 1300 nachweisbar. Zu Ende des 16. Jahrhunderts wurden bereits Tisch- und Wanduhren gebaut. Bild: Deutsches Museum | Public Domain
Die „Nova Reperta“ sind eine reizvolle und zugleich wichtige Quelle für die Kultur- und vor allem die Technikgeschichte an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Das Titelblatt verrät uns, dass Stradanus inhaltlich von Luigi Alamanni (1558–1603), einem mit Galilei in enger Verbindung stehenden Mathematiker und Astronom, beraten wurde. Die Stiche können vier Themenbereichen zugeordnet werden: Der Entdeckung Amerikas, der Materie und Bewegung, der Landwirtschaft und dem Druckwesen. Zu den meisten dieser Themen haben andere Künstler nie gearbeitet. So ist es allein Stradanus, der etwa eine frühneuzeitliche Uhrmacherwerkstatt darstellte.
Der Buchdruck: Das Innere einer Druckerwerkstatt hat sich seit Gutenbergs Zeit nicht verändert. Links sind die Setzer, rechts zwei Pressen zu sehen. Der vordere Drucker bedient gerade die Presse, sein Kollege im Hintergrund ist mit dem Einfärben des Satzes beschäftigt. Bild: Deutsches Museum | Public Domain
Jeder der Stiche birgt eine große Fülle an Details. Offensichtlich wollte Stradanus in den Zeichnungen das jeweilige Thema möglichst umfassend darstellen und alle Hinweise Alamannis einarbeiten. Die Stiche zeigen das Bewusstsein der Menschen für den technischen und wissenschaftlichen Wandel und sind deshalb als Zeichen eines sich verändernden Weltbildes gedeutet worden.
Literatur:
Klemm, Friedrich: Neue Entdeckungen und Erfindungen aus der Zeit des Mittelalters und der Renaissance. Darmstadt 1958. (Reproduktion des Werks mit Erläuterungen von Friedrich Klemm). Zum Katalogeintrag.
Sman, Gert Jan van der: A Fertile Imagination. Stradanus as an Inventor of Prints. In: Stradanus 1523-1605 – Court Artist of the Medici. Hrsg. von Alessandra Baroni und Manfred Sellink. Turnhout 2012, S. 135–159. Zum Katalogeintrag.
Markey, Lia (Hg.): Renaissance invention – Stradanus's Nova Reperta. Evanston, Illinois, 2020. Zum Katalogeintrag.
Zum Katalogeintrag von Stradanus' Werk
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