Deutschlands erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth
Nürnberg, ca. 1835
Virtual Reality des 19. Jahrhunderts: die erste Eisenbahn Deutschlands in der Faltperspektive
Die zu Eisenbahn und Eisenbahnbau erschienene Literatur ist unüberschaubar und ein Spiegelbild der fundamentalen, von diesem neuen Verkehrsmittel ausgelösten Umwälzungen. Einige Spezialbibliotheken im In- und Ausland sammeln diese Publikationen schwerpunktmäßig. Das Deutsche Museum besitzt – nicht zuletzt durch die als Stiftung erworbene Bibliothek des österreichischen Lokomotiv-Konstrukteurs Karl Gölsdorf (1861–1916) – eine beachtliche Sammlung vor allem früher Eisenbahnliteratur.
Die Faltperspektive „Deutschlands erste Eisenbahn“ wurde zwischen 1835 und 1840 angefertigt. Bei einer Faltperspektive handelt sich letztlich um die Kombination eines Guckkastens mit einem Leporello. Guckkästen sind als solche seit dem 18. Jahrhundert in verschiedener Form bekannt. Bei einem Leporello handelt es um eine zickzackförmig gefalzte Papierbahn, die harmonikaartig zusammenfaltbar und ausziehbar ist; solche Bücher begegnen uns heute vor allem bei Kinderliteratur. Das vorliegende Objekt verbindet beide Techniken und findet sich in der Literatur deshalb auch unter der Bezeichnung Diorama oder Guckkasten-Leporello.
Das Frontblatt von „Deutschlands erste Eisenbahn“ zeigt im Vordergrund den berühmten Zug mit Nürnberg im Hintergrund. Durch die drei Einblicksöffnungen erhält der Betrachter einen Eindruck von der ersten Fahrt nach Fürth: rechts führt eine Allee an der Eisenbahnlinie entlang, links öffnet sich der Blick auf die freie Landschaft. Nahe an den Gleisen stehen beiderseits große Menschenmengen, die die Durchfahrt des Zuges beobachten. Die Einblicksöffnung in der Mitte zeigt den Blick auf das Ende des Zuges, über dem eine Dampfwolke hängt. Die Abbildungen, die in geschickter Weise einen perspektivischen Eindruck vermitteln, sind über sechs Ebenen angeordnet. Gefertigt wurden sie von G. W. Faber in Nürnberg, der sie als kolorierte Federlithographien ausführte. Es ist deshalb zu vermuten, dass das Werk in Nürnberg gedruckt und verlegt wurde, obwohl weder Druckort noch Verleger explizit genannt werden. Vorrangiges Ziel dieser Publikation war es, den Betrachter zu einer Fahrt mit diesem noch misstrauisch beäugten, neuen Verkehrsmittel zu gewinnen.
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Der Artikel erschien zuerst in "Kultur+Technik", der Zeitschrift des Deutschen Museums, Heft 04/2006.