Mit Genehmigung des Sonnenkönigs: Le Journal des Sçavans
1663 wurde in Frankreich ein erstes derartiges Projekt intensiv diskutiert. Von König Ludwig XIV., oft als Sonnenkönig bezeichnet, erhielt schließlich der Beamte Denis de Sallo (1626–1669) das Recht verliehen, regelmäßig über Arbeiten aus der Mathematik, den Naturwissenschaften, der Geschichte, den schönen Künsten und der Theologie zu berichten. Unter dem Titel Le Journal des Sçavans erschien am 5. Januar 1665 die erste Ausgabe einer wissenschaftlichen Zeitschrift mit dem vorrangigen Ziel, über neu erschienene Bücher und deren Inhalte zu informieren. Sallos Kommentare erregten jedoch schon nach kurzer Zeit den Unmut der Kirche wie auch den von Gelehrten, die sich in ihrer Eitelkeit verletzt fühlten. Deshalb musste die Zeitschrift schon wenige Monate später ihr Erscheinen wieder einstellen und konnte erst ab Januar 1666 wieder erscheinen. Nach Gründung der Académie des Sciences im Jahr 1666 wurde es jedoch bald zu einer Selbstverständlichkeit, dass deren Mitglieder ihre neuesten Erkenntnisse im Journal des Sçavans publizierten, nicht zuletzt, um damit auch ihre Prioritätsansprüche zu untermauern. Die Inhalte der vierzehntäglich erscheinenden Zeitschrift waren, was uns heute als selbstverständlich erscheint, stets gemischt. Doch stellte dies eine wichtige Neuerung dar, da die herkömmlichen Bücher immer nur einem Gegenstand gewidmet waren.
Es ist bemerkenswert, dass 1665, also in einer Zeit, in der das Lateinische noch die Sprache der internationalen Wissenschaft war, die erste wissenschaftliche Zeitschrift in französischer Sprache publiziert wurde. Der Briefverkehr unter Gelehrten bediente sich noch unverändert des Lateinischen, das auch den wissenschaftlichen Buchmarkt weiterhin dominierte. Doch hatte in Frankreich im Vergleich zum deutschen Sprachraum das Lateinische bereits einen Teil seiner Bedeutung verloren. Die Verwendung des Französischen kann dies aber nicht allein erklären. Es kommt darin wohl auch ein seit dem Regierungsantritt Ludwig XIV. im Jahr 1661 wachsendes nationales Selbstbewusstsein zum Ausdruck.Mit dem Journal des Sçavans etablierte sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts eine, mit Ausnahme der Jahre 1792 bis 1816, bis heute erscheinende wissenschaftliche Zeitschrift. Schon bald nach ihrer Begründung verfügte die Publikation über ein internationales Netzwerk, dem der in Leiden wirkende Physiker Christiaan Huygens ebenso angehörte wie der Sekretär und Begründer der ersten englischen Zeitschrift, Henry Oldenburg.
Doch nicht jeder konnte in den Philosophical Transactions veröffentlichen. Einer Publikation in der Zeitschrift ging jeweils eine Begutachtung durch die Fellows der Royal Society voraus. Die für die Veröffentlichung vorgesehenen Texte mussten zuerst eingereicht werden und wurden dann in einer Sitzung der Gesellschaft vorgestellt. Ein oder zwei Fellows hatten sie innerhalb von zwei Wochen zu beurteilen und berichteten dann über ihr Ergebnis. Das Peer-Review-Verfahren, heute ein Kennzeichen für die Qualität einer wissenschaftlichen Zeitschrift, wurde damit schon in den Anfangsjahren der Philosophical Transactions begründet.
Als Publikationssprache der Philosophical Transactions wählte Oldenburg wie de Sallo die Landessprache. Oldenburg hatte offensichtlich nicht nur das wissenschaftliche Publikum im engeren Sinn im Auge, sondern auch die breite, an derartigen Themen interessierte und aufnahmebereite Öffentlichkeit. Nicht zuletzt dürfte dabei auch die Tatsache, dass zwei Drittel der Mitglieder der Royal Society keine Gelehrten waren, eine wichtige Rolle gespielt haben.
Das Englische war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf dem Kontinent noch kaum verbreitet und deshalb in der wissenschaftsinternen Kommunikation weitgehend bedeutungslos. Der Aufstieg des Englischen zu einer Weltsprache setzte erst im 18. Jahrhundert ein, als das Land schnell an politischer und wirtschaftlicher Bedeutung gewann. Dabei darf für seine zunehmende Rolle als Wissenschaftssprache der Einfluss der Philosophical Transactions nicht unterschätzt werden: Durch die hochkarätigen Artikel der Zeitschrift wurde es für Naturwissenschaftler zunehmend wichtiger, sich zumindest Lesekenntnisse
des Englischen anzueignen.
Den Inhalt bestimmte wesentlich der Abdruck von Briefen an die Royal Society oder an Oldenburg wie auch von deren Antworten an auswärtige Gelehrte. Die Gelehrtenbriefe waren ein Spiegelbild der aktuellen wissenschaftlichen Debatten, astronomischen Beobachtungen und Experimente. Vor allem aus der Veröffentlichung der Briefe, die Oldenburg und andere Fellows mit Gelehrten aus ganz Europa austauschten, leitete sich der internationale Anspruch der Zeitschrift her. Durch die Veröffentlichung der Korrespondenz wurde die Zeitschrift innerhalb weniger Jahre zu der mit Abstand wichtigsten Informationsplattform in den Naturwissenschaften. Es war nun möglich, in Portugal oder Schweden eine Debatte zwischen den Fellows und beispielsweise Gelehrten in Polen zu verfolgen.
Doch boten die Philosophical Transactions auch Platz für umfangreichere Beiträge. So veröffentlichte 1666 der Mathematiker John Wallis (1616–1703) einen 18-seitigen Aufsatz über die Ursachen der Gezeiten. Wissenschaftliche Aufsätze, die dann in Auszügen auch im Journal des Sçavans erschienen, prägten den Stil der Philosophical Transactions wesentlich. Die Autoren waren überwiegend Engländer, doch publizierten auch Kontinentaleuropäer immer wieder Beiträge.
Die Philosophical Transactions erschienen in Heften von anfänglich 16 Seiten Umfang in Quartformat. Diesen waren gelegentlich auch als Kupferstiche ausgeführte Illustrationen beigegeben. Die Auflage lag bei einigen Hundert Exemplaren, die in England wie auch auf dem Kontinent Verbreitung fanden.
Dabei ist es angesichts der zeitgenössischen Verkehrsverhältnisse bemerkenswert, dass es in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts offenbar problemlos möglich war, die Zeitschrift mit großer Regelmäßigkeit in die benachbarten Länder zu liefern.