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Es ist eine andere Seite des Deutschen Museums. Gegenüber dem Ausstellungsgebäude geht es über Steinstufen nach oben und durch die dunklen, schweren Metalltüren zu einem gigantischen Wissensspeicher – in Deutschlands größte Museumsbibliothek. „Auch international findet sich nirgendwo sonst ein vergleichbarer Bestand an Original- und Sekundärliteratur zu Natur- und Technikwissenschaften im Zeitraum zwischen 1700 und 1950“, sagt Bibliotheksleiter Helmut Hilz. „Natürlich nutzen viele Forscher diese einzigartigen Ressourcen, aber unsere Einrichtung steht grundsätzlich allen offen, die sich für Naturwissenschaften und Technik interessieren.“

Jeder Münchner, jede Münchnerin kennt die Ausstellungen des Deutschen Museums. Und viele Studentinnen und Studenten haben viele Stunden im Lesesaal der Bibliothek des Deutschen Museums verbracht, weil man da so schön in Ruhe lernen kann. Was sich aber in den Räumen daneben und im Magazin im Obergeschoss verbirgt, wissen die wenigsten. Zeitschriften, die es noch genau einmal vollständig auf der Welt gibt – nämlich hier. Wie eine über Phonographen. Das erste Lufthansa-Magazin. Alte Telefon- und Adressbücher der Stadt München, die sonst kaum jemand aufbewahrt hat. Und die „Libri rari“, jene seltenen 15 000 Bücher, auf die das Museum ganz besonders stolz ist und die man sich in einem besonderen Lesesaal ansehen kann. Nach Anmeldung, versteht sich.

Oskar von Miller, der Gründer des Museums, wollte einen Ort schaffen, der nicht nur das Schauen und Experimentieren, sondern auch das Lesen und Lernen befördert. „Für sein Ziel, einem möglichst breiten Publikum Naturwissenschaft und Technik nahezubringen, setzte Oskar von Miller von Anfang an neben eindrucksvollen Exponaten auf die Macht der Bücher“, sagt Generaldirektor Wolfgang M. Heckl. „Das hat unser Museumsgründer bereits in der Gründungssatzung von 1903 vorgegeben.“ Und bei der Eröffnung im Jahr 1932 war die Bibliothek ein weltweites Beispielmodell. Sogar die „New York Times“ berichtete in einem Gastbeitrag Millers über diese Bibliothek.

Inzwischen ist der Bestand auf mehr als 991 000 Bände angewachsen. Traditionell wird hier die Literatur zur Geschichte von Naturwissenschaften und Technik intensiv gesammelt. Im Lauf der Zeit hat sich der Schwerpunkt der Neuerwerbungen zunehmend auf dieses Gebiet konzentriert. Die deutsche Literatur wird nahzu vollständig, die internationale Literatur möglichst umfassend erworben. Daneben bemüht sich die Bibliothek auch weiterhin, aktuelle naturwissenschatlich-technische Grundlagenliteratur zur Verfügung zu stellen.

Die Geschichte der Bibliothek des Deutschen Museums

28. Juni 1903: Gründung (zusammen mit Museum und Archiv) mit dem Ziel, „eine wissenschaftliche Zentralbibliothek für Technik, Mathematik und Naturwissenschaften zu schaffen“

Januar 1908: Eröffnung in der Maximilianstraße 26 (Altes Nationalmuseum, heute Museum Fünf Kontinente) mit einem Bestand von 22 000 Bänden und 200 wissenschaftlichen und technischen Zeitschriften

Erster Weltkrieg: Schließung der Bibliothek

1925/26: Umzug in die Schwere-Reiter-Kaserne (Erhardstr. 36, heute Deutsches Patentamt); Betrieb ab Juli 1926 mit einem Bestand von 100 000 Bänden und 850 laufenden Zeitschriften plus Patentliteratur

4. September 1928: Grundsteinlegung für das Bibliotheksgebäude auf der Museumsinsel nach Plänen des Architekten German Bestelmeyer

7. Mai 1932: Eröffnung der Bibliothek mit 700 Arbeitsplätzen und 11 000 Bänden; zunächst Nutzung des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses; zweites Obergeschoss (vorgesehen für großen Zeitschriftensaal) und drittes Obergeschoss (für Magazin) noch im Rohbauzustand

Frühjahr 1934: Vom NS-Regime verfemte „jüdische“ Literatur wird weitgehend aus dem Freihandbestand entfernt und in Schließfächern verwahrt; parallel dazu Neuaufstellung der Abteilung „Hygiene und Wehrtechnik“ mit Literatur zum Militärwesen

1930er- und 1940er-Jahre: Nutzung des zweiten und dritten Obergeschosses für Propagandaausstellungen (z. B. ab 8. November 1937 „Der ewige Jude“)

8. Dezember 1938: Verbot der Bibliotheksnutzung für Juden;
bis Kriegsbeginn Anwachsen des Bestands auf 209 000 Bände, 1200 laufende Zeitschriften

Zweiter Weltkrieg: Eingeschränkter Betrieb wegen Personalmangels; ab 1942 Luftschutzmaßnahmen angeordnet: 90 Prozent der Bestände auf der Museumsinsel in gesicherten Kellerräumen deponiert, rund 20 000 Bände ins Kloster Benediktbeuern und nach Schloss Sandersdorf ausgelagert; wegen Bombenschäden in der Stadt ab 1942 Unterbringung eines Postscheckamtes im zweiten Obergeschoss und zusätzlich ab 1944 eines Postamts im Erdgeschoss. Ab Juni 1944 Beschlagnahme des ersten Obergeschosses durch die Organisation Todt (paramilitärische Bautruppe), Lesesaalbestand in zwei kleinere Lesesäle im Erdgeschoss verlagert. Insgesamt sechs Luftangriffe auf das Deutsche Museum, Treppenturm, Eingangshalle und zweites Obergeschoss der Bibliothek zerstört; bis auf kurze Schließungen bleibt die Bibliothek während des Krieges durchgehend zugänglich

10. Dezember 1945: Wiedereröffnung im Erdgeschoss mit einem provisorischen Lesesaal; Zugang nur für Universitätslehrer, Assistenten, Doktoranden, Mitarbeiter lizensierter Firmen und Behörden-Beauftragte

1949 bis 1959: Das Deutsche Patentamt nimmt in den Räumen des Bibliotheksgebäudes den Betrieb auf (1. bis 3. OG, 1949/50 Ausbau Büchermagazin für die Patenamtsbibliothek im Westtrakt des 3. OG, Einbau Bücheraufzug -> bis heute in Benutzung); nach dem Auszug des Deutschen Patentamts, Nutzung des 3. OG als Magazin der Museumsbibliothek; Erweiterung des Lesesaals um das Zweieinhalbfache

Ab März 1950 Betreten der Bibliothek durch die Eingangshalle wieder möglich;
Zugang wieder für jedermann gestattet; Gesamtbestand rund 302 000 Bände

1999 bis 2015: Einführung des elektronischen Publikumskatalogs OPAC (Online Public Access Catalogue) zur Recherche in den EDV-katalogisierten Beständen; seit 2015 ist der gesamte Bestand der Bibliothek im OPAC nachgewiesen

2004: Beginn der Digitalisierung von Büchern im Haus

2016: Gemeinsam mit der Bayerischen Staatsbibliothek von der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum „Fachinformationsdienst Geschichtswissenschaft“ bestimmt

2017: Zusammen mit Google wird die vollständige Digitalisierung des historischen Bestands in Angriff genommen; Start „Deutsches Museum Digital“: vernetzte Erschließung und internetgestützte Darstellung der Bestände von Bibliothek, Archiv und Objektsammlungen des Deutschen Museums

2022: Bestand bei 991 000 Bänden und 31 500 Periodika (1650 davon laufend bezogen); mehr als 40 000 Bände sind inzwischen digitalisiert und online unter www.digital.deutsches-museum.de

Zahlen und Fakten zur Bibliothek des Deutschen Museums

Standort: Museumsinsel München, Eingang gegenüber dem Ausstellungsgebäude des Deutschen Museums

Gegründet 1903 (zusammen mit Museum und Archiv Bestandteil der Gründungssatzung)

Eröffnung auf der Museumsinsel am 7. Mai 1932

Spezialbibliothek für Naturwissenschafts- und Technikgeschichte
Daneben auch aktuelle naturwissenschaftlich-technische Grundlagenliteratur. Fachinformationsdienst Geschichtswissenschaft zusammen mit der Bayerischen Staatsbibliothek. Innerhalb des DFG-Programms zuständig für Technik-, Wissenschafts- und Umweltgeschichte.

Präsenzbibliothek (Ausleihe außer Haus nur in Ausnahmefällen möglich)

Größte Museumsbibliothek Deutschlands (bezogen auf den Bestand)
Gesamtbestand:

  • Rund 991 000 Bände
  • 31 500 Periodika
  • 54 000 E-Journals und Datenbanken

Moderne Literatur:

  • Schwerpunkt Aktualisierung der naturwissenschaftlich-technischen Grundlagenliteratur sowie der Erwerb der Sekundärliteratur zur Naturwissenschafts- und Technikgeschichte
  • Zeitschriften: 3000 laufend bezogen (überwiegend in den Lesesälen einsehbar), darüber hinaus rund 1900 Titel an älteren, oft überaus seltenen Zeitschriften
  • Nachschlagewerke (Enzyklopädien, Lexika, Bibliografien, Bibliothekskataloge, Firmen- und allgemeine Adressbücher sowie Bibliotheks-, Hochschul- und Museumsverzeichnisse)

Historischer Bestand:

  • Mehr als 15 000 „Libri rari“ („seltene Bücher“), vom späten 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts erschienene Werke aus allen Gebieten der Naturwissenschaft und Technik, u. a. von Peter Apian, Galileo Galilei oder Anna Sybilla Merian
  • 300 000 Bände aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (darunter 20 000 Titel an Periodika, oft im Alleinbesitz der Bibliothek des Deutschen Museums)
  • Patentschriftensammlung: mehr als 600 000 Stück (deutsche Patente von 1877 bis 1970, britische Patente von 1617 bis 1905, außerdem Patenschriften Frankreichs, Österreichs, der Schweiz und der USA)

Neuerwerbungen: ca. 6000 Bände, Bücher und Zeitschriften, pro Jahr, davon

  • Schenkungen im Wert von jährlich etwa einer halben Million Euro (Verlage, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, Privatpersonen) => zwei Drittel der Bücher, vier Fünftel der Zeitschriften
  • Kauf (Jahresetat für Ankäufe: 250 000 Euro)
  • Tausch (Bibliotheken, Forschungsinstitute, Akademien, Museen, Universitäten)

Lesesäle:

  • Zwei Lesesäle (ein historischer und ein naturwissenschaftlich-technischer) mit 120 Arbeitsplätzen auf ca. 1500 Quadratmetern (Erdgeschoss, Ostflügel); 25 000 Bände im Freihandbestand; Bücherausgabe; Buchkopierer und Buchscanner; Mikrofiche-Reader- Printer; vier Internet-Rechercheplätze; W-Lan;
  • Rara-Lesesaal (Benutzung nur mit Anmeldung)

Magazin: 25 000 Regalmeter auf 5000 Quadratmetern über zwei Ebenen (umlaufend im dritten Obergeschoss)

Scannerraum mit zwei Buchscannern (2004 und 2011 angeschafft, ein weiterer Scanner für Selbstbedienung im Lesesaal)

Lesesaalbesucher: 50 000 pro Jahr (ohne Museumsangehörige)
Die Bibliothek wendet sich an alle, die sich für Naturwissenschaften und Technik interessieren, sowie an Naturwissenschafts- und Technikhistoriker. Sie ist öffentlich zugänglich, es werden keine Benutzungsgebühren und kein Eintritt erhoben.

Geöffnet täglich von 9 bis 17 Uhr

Anzahl Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: 27