Mit 0,0 km/h über die Autobahn
Neue Sonderausstellung „Auto Land Scape“ im Verkehrszentrum des Deutschen Museums mit Fotografien von Michael Tewes
Die Autobahn ist das größte zusammenhängende Bauwerk Deutschlands. Über knapp 13.200 Kilometer erstreckt sich das Netz in allen Richtungen über die Bundesrepublik. Der Fotograf Michael Tewes hat diese Verkehrsadern in einem sechsjährigen Projekt aus einer ungewohnten Perspektive ins Visier genommen. Das, was man normalerweise im schnellen Vorbeifahren kaum aus den Augenwinkeln wahrnimmt, rückt er mit seiner Serie „Auto Land Scape“ in den Fokus – von der Kuhherde unter der Brücke über das Wäldchen zwischen den Trassen bis zu den Sportwagen auf dem Transporter. Die Bilder sind jetzt in der gleichnamigen Sonderausstellung im Verkehrszentrum des Deutschen Museums zu sehen.
Michael Tewes bezeichnet sich selbst als „Autobahn-Native“. Der Fotograf und Künstler lebt heute in Berlin, aufgewachsen ist er Anfang der 1970er-Jahre in Remscheid. „Die Stadt hatte eine Weile den Marketingclaim ‚Remscheid - 1a an der A1!‘“, erzählt Tewes. Über sein Langzeitprojekt „Auto Land Scape“ wollte sich der Künstler zum einen seiner Heimat nähern: „Es gibt niemanden, der in einem Autoland wohnt und nicht irgendeine persönliche Verbindung oder Erlebnisse mit diesem Bauwerk hat.“ Zum anderen geht es ihm aber auch darum, „durch das Innehalten, der Autobahn etwas hinzuzufügen, das beim schnellen Fahren – wofür sie ja eigentlich gebaut ist – verloren geht“.
Bei 0 km/h werden plötzlich sonst unsichtbare Details sichtbar, bieten sich unerwartete Szenerien, An- und Einblicke. „Man kann beim Fahren auf der Autobahn ja eigentlich nichts spontan entdecken, weil man dann schon vorbeigefahren ist“, sagt der Fotograf. Und so ist er mit seinem VW-Bus immer wieder stehen geblieben, hat sich bewusst Orte ausgesucht, die Aufnahmen geplant und sorgfältig vorbereitet. Dabei sind in den Jahren von 2014 bis 2021 ungewöhnliche, weil ungewohnte Anblicke entstanden. Wie die Kuhherde, die unter der Autobahnbrücke Schutz gesucht hat. Die kleine Baumgruppe, die sich zwischen die zwei weit gespannten, kolossalen Betontrassen duckt. Oder die knallbunten Sportflitzer, die sich wie Spielzeuge auf einem Transporter vor einem tiefblauen Nachthimmel stapeln.
„Die Bilder regen dazu an, den Blick neu auszurichten“, sagt Lukas Breitwieser, Kurator im Verkehrszentrum. „Das ist auf eine gewisse Art so, wie mit den Ausstellungsstücken in unserem Museum: Dadurch, dass die Autos, die Loks, die Fahrräder hier stehen, sich nicht bewegen, kann man sie anders betrachten und wahrnehmen, als im Einsatz auf der Straße oder der Schiene.“ Und mit den Fotografien von Michael Tewes erweitert das Verkehrszentrum den Blick auf die Mobilität. „Hier rückt jetzt das Bauwerk Autobahn in den Mittelpunkt“, sagt Kurator Lukas Breitwieser.
„Auto Land Scape“ ist bis zum 31. Oktober 2022 im Verkehrszentrum des Deutschen Museums zu sehen. Parallel zur Sonderausstellung ist bei Hatje Cantz ein gleichnamiger Bildband erschienen (180 Seiten, 120 Abbildungen, ISBN 978-3-7757-5170-4).
Bild 1/5
A 81, Jagstal Ost: Bunte Sportwagen auf einem abgestellten Transporter.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Michael Tewes
Bild 2/5
A 9, Schnaittach: Wäldchen zwischen Autobahntrassen.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Michael Tewes
Bild 3/5
A 40, Ruhrauen: Eine Kuhherde sucht Schutz unter einer Autobahnbrücke.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Michael Tewes
Bild 4/5
A 6, Silberbach: Eine Komposition aus Linien und Flächen, das blaue Mobiliar auf einem Rastplatz.
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Foto: Michael Tewes
Bild 5/5
Das Cover des Bildbands "Auto Land Scape".
Frei zur Veröffentlichung nur mit dem Vermerk
Abbildung: Verlag Hatje Cantz/Michael Tewes