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Der Traum vom Fliegen und was davon übrig blieb: Der Normal-Segelapparat ist das erste in Serie gebaute Flugzeug der Welt - und das erste Exemplar der Luftfahrt-Sammlung im Deutschen Museum. Dieser Lilienthal-Gleiter erzählt eine spannende Geschichte.

Otto Lilienthal war nicht der erste Mensch, der das Fliegen probierte. Aber er war der erste, der das Prinzip des Vogelflugs erfolgreich umsetzte. Er bewies, dass ein Flugzeug nur dann fliegt, wenn seine Flügel wie die eines Vogels gewölbt sind. Erst diese Ablenkung des Luftstroms schafft Auftrieb und Vortrieb. Den Hängegleiter, der im Besitz des Deutschen Museums ist, hat Otto Lilienthal von 1894 an selbst geflogen. Alle Details stammen aus Lilienthals Berliner Maschinenfabrik. Der Erfinder hatte sein ganzes Leben der Sehnsucht nach dem Fliegen gewidmet. 

„Unser Kulturleben krankt daran, daß es sich nur an der Erdoberfläche abspielt. Die Absperrung der Länder, der Zollzwang und die Verkehrserschwerung ist nur dadurch möglich, daß wir nicht frei wie der Vogel auch das Luftreich beherrschen. “
Otto Lilienthal in einem Brief an Moritz von Egidy, 1894

Der Gleiter des Deutschen Museums ist vermutlich derjenige, mit dem Lilienthal 1894 Flüge vom „Fliegeberg“ in Berlin-Lichterfelde absolvierte – und eins von nur fünf noch existierenden Exemplaren weltweit. Was diesen Gleiter so einzigartig macht: Er hat noch große Teile der Originalbespannung, ist nie umfassend „repariert“ worden. Und so kann man an diesem Original ganz genau sehen, wie Lilienthal mit welchen Materialien gearbeitet hat.

Operation Lilienthal

Der Normal-Segelapparat aus der Maschinenfabrik Otto Lilienthal

Lilienthal war zeitlebens bestrebt seine Begeisterung für das Fliegen weiterzugeben. Mit dem Normal-Segelapparat hatte er nach jahrelangen Versuchen ein Standard Modell geschaffen, das er für den "Fliegesport"geeignet fand. Das zentrale Element der hölzernen Flugzeugkonstruktion ist das Gestellkreuz mit dem Gestellring in dem der Flieger positioniert war. Zu beiden Seiten erstrecken sich die Flügel mit Rippen aus Weidenrouten. An dem Gestellring setzt hinten in der Mitte das Leitwerk an. Es besteht aus einer Bambusstange und der vertikalen Fläche, über die eine bewegliche horizontale Fläche geklappt wurde. Das vertikal Leitwerk stellte den Gleiter in den Wind, und die horizontale Fläche stabilisierte die Fluglage. Der Gestellering, die Flügel und die Leitwerksflächen sind mit Baumwollgewebe bespannt, das angeklebt und aufgenagelt wurde. Die Oberverspannung war aus Schnur, die Unterverspannung aus Metalldraht hergestellt, deren Länge mit Spannschlössern justiert wurde. Für den Flug wurde der zusammen gefaltete Gleiter zu einer Anhöhe transportiert, vor Ort aufgebaut und mit Spanndrähten verspannt. Durch das Einschieben von vier gebogenen, hölzernen Profilschienen auf der Flügeloberseite gelang die korrekte Krümmung der Flügelflächen. Zum Abheben trug der Flieger das Fluggerät an den Startpunkt, lief gegen den Wind los, hob ab und setzte im Idealfall bei der Landung mit den Füßen wieder auf. Die Steuerung erfolgte durch eine Verlagerung des Schwerpunkt mit gezielten Körperbewegungen.

„Der Original-Lilienthalgleiter soll wieder als zentrales Exponat in der Ausstellung ,Historische Luftfahrt‘ auf der Museumsinsel zu sehen sein“
Andreas Hempfer, Kurator für Historische Luftfahrt

Normal Segelapparat - Kennzahlen

  • Spannweite: 6,7 m
  • Flügeltiefe: 2,6 m
  • Masse: 20 kg
  • Material: Holz, Baumwolle, Hanf, Stahl, Kupferlegierung
  • Weiteste zurückgelegte Strecke: 250 m
  • Fluggeschwindigkeit: 14m/s
  • Gebaute Fluggeräte: mindestens 12 Stück