Unsere Geschichte
In ihrer über hundert Jahre langen Geschichte sammelte die Bibliothek des Deutschen Museums fast 1 Million Bände, zog mehrfach um, durchlebte Bombentreffer und Finanzkrisen und wechselte grundlegend ihr Sammlungsprofil. Heute ist sie eine der bedeutendsten Bibliotheken für die Geschichte von Naturwissenschaften und Technik.
Unsere Geschichte
Blättern Sie sich durch die verschiedenen Phasen der Entwicklung der Bibliothek.
1903
Es war die Intention Oskar von Millers, des Museumsgründers, nicht nur ein Technikmuseum, sondern ein „Studienzentrum“ der Technik zu schaffen, das von vornherein auch eine Bibliothek umfassen sollte. So wurde im Juni 1903 zusammen mit dem Deutschen Museum auch die zugehörige Bibliothek gegründet.
Gründungsvision
Die damals vorhandenen Fachbibliotheken konnten weder die rasant wachsende Zahl der Publikationen komplett erwerben, noch waren sie der Öffentlichkeit zugänglich. Vor diesem Hintergrund waren die Planungen Walther von Dycks (1856–1934), des damaligen Rektors der Technischen Hochschule München und Mitglied des Museumsvorstandes, zukunftsweisend. Dycks Ziel war der Aufbau einer Bibliothek, die „die moderne technische und wissenschaftliche Literatur vollständig enthält“. Damit sollte Deutschland nichts weniger als eine „wissenschaftliche Zentralbibliothek für Technik, Mathematik und Naturwissenschaften“ erhalten. Eine für das damalige Bibliothekswesen geradezu revolutionäre Vorstellung, da um die Jahrhundertwende noch keine deutsche Bibliothek gesamtstaatliche Aufgaben wahrnahm.
1908
Im Januar 1908 öffnete die Bibliothek ihre Pforten für die Öffentlichkeit. Sie befand sich damals noch – wie auch das Museum – in der Maximilianstraße 26, im Gebäude des ehemaligen Nationalmuseums (heute Museum Fünf Kontinente). Der Bestand umfasste bereits 22.000 Bände. Dieser Kernbestand ist in einem gedruckten Katalog nachgewiesen.
1. Weltkrieg
Während des Ersten Weltkrieges war die Bibliothek geschlossen, da die Leseräume für karitative Zwecke benötigt wurden.
1925/26
Umzug der Bibliothek in die Erhardstraße 36 in die Räume der Schwere-Reiter-Kaserne. Auf diesem Gelände befindet sich heute das Deutsche Patent- und Markenamt. Damit konnte die Bibliothek in enger räumlicher Nähe zum 1925 eröffneten Sammlungsbau des Deutschen Museums untergebracht werden. Der Buchbestand ging inzwischen auf die 100.000 Bände zu.
1928
Ab September 1928 Leitung der Bibliothek durch wissenschaftliche Fachkräfte. Hier ist neben dem Ingenieur Dr. Hans Krüger-Kulm (gest. 1937) vor allem Prof. Dr. Friedrich Klemm zu nennen, der seit Dezember 1932 der Bibliothek angehörte, 1950 – nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft – zum Leiter bestellt wurde und der schließlich von 1956–1969 als Direktor der Bibliothek vorstand. Prof. Klemm hat das Gesicht der Bibliothek wesentlich geprägt. Der alte, überwiegend handschriftlich geführte Katalog (K 31) wurde abgebrochen, ein neuer Katalog (K 76) nach den bibliothekarischen Regeln der so genannten "Preußischen Instruktionen" begonnen.
1930
Von Anfang an war geplant, auf der Museumsinsel gegenüber dem Sammlungsbau ein repräsentatives Bibliotheksgebäude zu errichten. Dies konnte nun nach Plänen des Architekten German Bestelmayer realisiert werden. Nach der Grundsteinlegung im September 1928 wurde der Rohbau dieses größten deutschen Bibliotheksneubaus der Zwischenkriegszeit bis Mai 1930 fertiggestellt. Die großzügige Gestaltung der Lesesäle mit ihren umfangreichen Freihandbeständen war für damalige Verhältnisse sehr innovativ und orientierte sich an hierin richtungsweisenden amerikanischen Vorbildern.
1932
Die Eröffnung der neuen Bibliothek am 7. Mai 1932 mit ihren 700 Arbeitsplätzen, einem Freihandbestand von 11.000 Bänden und einem für eine Million Bände angelegten Magazin erregte international Aufsehen. Selbst die „New York Times“ berichtete darüber in einem einseitigen Artikel.
Ihre Nutzerfreundlichkeit, z. B. auch durch so genannte "Bücherschauen", bei denen rund 600 Monographien und populäre Zeitschriften wie in einer Buchhandlung ausgelegt waren, verschaffte der Bibliothek begeisterten Zuspruch.
1930er
Die Folgen der NS-"Machtergreifung" ließen auch für die Bibliothek nicht lange auf sich warten. 1934 wurden die Werke jüdischer Autoren aus dem Lesesaal entfernt. Die beiden oberen Stockwerke des Bibliotheksgebäudes, eigentlich v. a. für ein noch auszubauendes Magazin vorgesehen, wurden vom NS-Regime für Propagandaaustellungen genutzt, die mit dem Deutschen Museum in keinerlei Zusammenhang standen. Tiefpunkt dieser Ausstellungen war die infame Schau "Der ewige Jude" 1937/38.
1945
Im Zweiten Weltkrieg hat das Gebäude unter dem Bombenhagel erheblich gelitten. Glücklicherweise befanden sich jedoch die gesamten Bestände zu dieser Zeit noch im Erdgeschoss, so dass keine Kriegsverluste an Büchern entstanden. Nach Kriegsende 1945 wurde ein erheblicher Teil des Bibliotheksgebäudes noch über viele Jahre von anderen Institutionen, u. a. dem Deutschen Patentamt, genutzt.
1959
Das 1944 schwer beschädigte Obergeschoss wurde vom Deutschen Patentamt wiederhergestellt und - wie ursprünglich vorgesehen - als Magazin ausgebaut und genutzt. Nach der Fertigstellung des Patentamts-Neubaus konnte die Bibliothek des Deutschen Museums 1959 dieses Magazin übernehmen.
1960
Im Mai 1960 wurde der Lesesaal an der alten Stelle wiedereröffnet, allerdings gegenüber der Vorkriegszeit erheblich verkleinert. Er bietet nur noch 400 Plätze. Der Buchbestand umfasste nunmehr 412.000 Bände.
1960
Seit 1960 blieben die Erwerbungsmittel stark hinter denjenigen der technischen Hochschulbibliotheken zurück, so dass sich der Schwerpunkt der Neuerwerbungen zunehmend auf die naturwissenschafts- und technikhistorische Spezialliteratur konzentrierte.
1963
1963 wurde das Forschungsinstitut des Deutschen Museums für die Geschichte von Naturwissenschaft und Technik gegründet, zeitgleich mit den fachverwandten Instituten der Universität und der Technischen Hochschule. Alle drei Institute sind im Bibliotheksgebäude untergebracht. Der weltweit einmalige Bestand der Bibliothek an Quellenwerken hat für diese Standortentscheidung eine wesentliche Rolle gespielt.
1969/70
1969/70 fand ein Führungswechsel statt. Prof. Klemm ging 1969 in den Ruhestand, Dr. Ernst Berninger wurde 1970 der neue Bibliotheksdirektor. Ihm fiel die Aufgabe zu, das überkommene Erbe zu bewahren und die Bibliothek den gewandelten Zeitverhältnissen anzupassen.
1977
1977 wurde der nach den Preußischen Instruktionen geführte Katalog K 76 abgebrochen und ein neuer Katalog, der nach den neuen so genannten "Regeln für die Alphabetische Katalogisierung" (RAK ) geführte K 77, angefangen.
1988/89
1988/89: Umbau und Neugestaltung des Lesesaals, gekennzeichnet v. a. durch Reduzierung der Fläche auf 120 Plätze, Verdoppelung der Bestände im Geschichtslesesaal, Reduzierung der aktuellen Fachbestände auf die Hälfte, Schaffung des Rara-Lesesaals und Aufstellung der Bücher nach einer neuen Systematik. Mit dem neugestalteten Lesesaal kommt auch die neue Zielsetzung, eine kulturgeschichtliche Bibliothek zu sein, verstärkt zum Ausdruck.
Der Buchbestand geht auf 800.000 Bände zu.
1995/96
Zur Jahreswende 1995/96 wird im Rahmen des Bibliotheksverbundes Bayern mit der EDV-Katalogisierung begonnen.
1998
Der seit 1970 amtierende Bibliotheksdirektor, Dr. Berninger, geht 1998 in den Ruhestand. Bibliotheksdirektor seit Dezember 1998 ist Dr. Helmut Hilz.
1999
1999 kann in Zusammenarbeit mit einer Fremdfirma in einem größeren Retrokonversionsprojekt der seit 1977 geführte Zettelkatalog eingebracht werden. Zum Jahresende 1999 wird der OPAC eingerichtet, wodurch die Bestände an seit 1977 erschienener Literatur online überall recherchierbar werden. Weitere elektronische Dienste werden eingeführt, wie etwa Ende 2009 die elektronische Ausleihe. Die Bibliothek hat nun virtuell ihre Insel verlassen.
Der Beginn des neuen Jahrtausends
Ein elektronisches Medien-Angebot wird aufgebaut, wobei mit der Einführung der elektronischen Zeitschriftenbibliothek 2002 und des Datenbank-Informationssystems im September 2005 bedeutende Schritte gemacht werden. Besonders durch die seit 2006 von der DFG finanzierten Nationallizenzen kann die Bibliothek einen breiten Fundus an elektronischen Zeitschriften zur Verfügung stellen.
2006
Im Verbund der bayerischen wissenschaftlichen Bibliotheken beginnen Digitalisierungsaktivitäten. Seit 2006 werden ausgewählte Inhaltsverzeichnisse gescannt und in den jeweiligen Katalogeinträgen angezeigt (Catalog Enrichment), seit 2008 komplette urheberrechtsfreie Werke digitalisiert, die über den Katalog aufrufbar sind (z. B. dieses Rechenbuch von Adam Riese). 2010 wird ein zusammen mit der ETH-Bibliothek Zürich erstelltes Portal zu Astronomie-Klassikern ins Netz gestellt. 2014–2016 beteiligt sich die Bibliothek an den Digitalisierungsaktivitäten für die Digitale Bibliothek deutscher Drucke des 18. Jahrhunderts, kurz VD18.
2016
Besonderes Anliegen bleibt immer die weitere Retrokonversion der Zettelkataloge. So ist seit Juli 2007 der Zeitschriftenaufsatzkatalog (1934–1999) in einen Imagekatalog überführt. Seit Herbst 2012 wird in Zusammenarbeit mit einer Fremdfirma an der Retrokonversion des ganzen Zettelkatalogs K76 gearbeitet, die 2015 abgeschlossen wird. Im August 2016 ist dann auch der komplette Zettelkatalog K31 eingearbeitet, womit schließlich alle Werke der Bibliothek elektronisch nachgewiesen sind.
2016
Seit Anfang 2016 wird in Kooperation mit der Bayerischen Staatsbibliothek der "Fachinformationsdienst Geschichtswissenschaft" (FID) aufgebaut. Die Bibliothek übernimmt damit die Aufgabe der bundesweiten Informations- und Literaturversorgung für das Fach Technikgeschichte. Dies wird Profil, Rolle und Funktion der Bibliothek nachhaltig beeinflussen. Der auf drei Jahre befristetete Auftrag wird 2019 verlängert und um den Bereich Naturwissenschafts- und Umweltgeschichte erweitert.
2017
Zusammen mit Google wird 2017 die vollständige Digitalisierung des historischen Bestands in Angriff genommen. Mit diesem Projekt wird der Weg der Massendigitalisierung beschritten, die einen sonst noch sehr viele Jahre dauernden Prozess auf drei Jahre verkürzt: Schon 2019 sind über 50.000 Werke und damit praktisch der gesamte urheberrechtsfreie und dementsprechend digitalisierbare Bestand bearbeitet. Dadurch ist bibliotheksseitig die entscheidende Voraussetzung dafür geschaffen, dass virtuell im "Deutschen Museum digital" die immer erstrebte Vernetzung von Objekten, gedruckten Quellen und Archivalien aus den Beständen des Deutschen Museums realisiert werden kann.
2017
Rund um den FID und aufgrund der größeren Rolle für die Forschung werden eine Reihe von Projekten und neuen Kooperationen auf den Weg gebracht: Ein Teil der Daten der Aufsatzerschließung wird in die Open-Access-Bibliografie "IsisCB" und darüber auch in die Datenbank "History of Science, Technology and Medicine" (HSTM) eingespielt, wodurch sie einem breiteren internationalen Publikum zur Verfügung stehen. Die Bibliothek nimmt teil an der Erstellung der "Deutschen Historischen Bibliografie" und ein elektronisches Verzeichnis naturwissenschafts- und technikgeschichtlich relevanter Bibliotheken wird 2017 erarbeitet.
2020er
Aber auch der allgemeine Benutzungsservice wird erheblich modernisiert und verbessert. Unter den Neuerungen seien nur der Dokumentlieferdienst "Subito" und ein mit moderner Suchmaschinentechnologie ausgestatteter Online-Katalog (OPAC) erwähnt.